Hältst du englischsprachige Vorträge auf internationaler Ebene? Schneidest du deine Präsentation auf ein interkulturell geprägtes Publikum zu? Bist du bereit, den nächsten Schritt für noch professionellere Vorträge zu gehen?

 

Verbinde dich mit deinem Publikum

Die Denkweise der Deutschen ist traditionell sehr präzise, und das drückt sich in einem geschliffenen Sprachstil aus. Die stark funktionale Sprache ist den zahlreichen Kriegen und den darauf folgenden Wiederaufbauleistungen geschuldet. Die UN-Dolmetscherin und Autorin Susanne Kilian führt dies auf die zentrale geografische Lage Deutschlands in Europa zurück. So beinhalten die meisten Vorträge bis heute zahlreiche Fachbegriffe, mit denen technische Konzepte vorgestellt und bis in kleinste Details hinein dargestellt werden.

In anderen Kulturen und deren Sprachen wird dagegen viel mehr auf den Kontext des Gesagten geachtet: So schenken asiatische und lateinamerikanische Kulturen der nonverbalen Kommunikation vergleichsweise mehr Beachtung. Speziell Mimik und Gestik werden in Kontext zum Inhalt gesetzt. Am anderen Ende des Spektrums stehen Menschen aus den USA und Kanada, Australien und den Niederlanden. Hier fasst man sich kurz, kommt schnell auf den Punkt und fasst technische Details ggf. in einem Handout zusammen. In Vorträgen liegt der Fokus klar auf praktischen Aspekten: Wie funktioniert mein Produkt? Welchen Nutzen habe ich davon? Und besonders wichtig: Welche Vision teile ich in meinem Vortrag? Kilian schreibt, dass Vorträge ohne Visionen für Amerikaner schon als schmerzhaft empfunden werden.

 

Dein interkulturelles Publikum

Gegenüber den 372 Millionen Englisch-Muttersprachlern gibt es weltweit mehr als eine Milliarde Menschen, die Englisch als zweite Sprache nutzen (Zahlen laut World Economic Forum). Sie sind auf internationalen Tagungen (außerhalb der englischsprachigen Länder) meist in der klaren Mehrheit. Interkulturelle Verständigung wird so zur echten Herausforderung: Je nach sprachlichem Hintergrund variieren Betonung, Tempo und Satzbau. Das „Denglisch“-Kauderwelsch der Deutschen mutet hier genauso eigenartig an wie der Englisch-Akzent aus anderen Ländern. Dazu kommt, dass Englisch-Muttersprachler wie Amerikaner und Briten besonders schnell sprechen. Die Weltsprache Englisch ist letztlich auch stark kulturell geprägt.

Für dich als Redner ist entscheidend, dass dein Publikum dich schnell versteht: Im Zweifel nutzt du vereinfachtes Englisch mit gängigen Worten und Formulierungen. Fachbegriffe reduzierst du auf ein Minimum. Kurze Sätze und betonte Pausen geben deinem Publikum Zeit, das Gesagte zu reflektieren. Bleibt es im Vortrag aufmerksam? Schauen die Menschen dich an, oder sind sie abgelenkt? Im Zweifel kannst du kurze Rückfragen einstreuen und so dein Publikum aktiv einbinden: „Wer von Ihnen hat vor schon vor der gleichen Herausforderung gestanden?“ So wird dein Vortrag interaktiv, damit schaffst du eine gemeinsame Ebene der Kommunikation.

Wenn du in einem anderen Land vorträgst, kannst du im Vorfeld auf folgende Aspekte achten:

  • Wertesystem: Was ist in der Gastgeber-Kultur wichtig? Welche Werte sind für das einheimische Publikum von Bedeutung?
  • Machthierarchie: Zu welchen Menschen sprichst du? Steht dein Publikum im Hierarchie-System auf einer Stufe mit dir? Sprichst du zur Führungsebene?
  • Offenheit: Teilst du auch persönliche Erfahrungen und Erfolgsgeschichten, die für dein Vortragsthema relevant sind?

Was immer gut ankommt: Wenn du einige Sätze in der Landessprache vorträgst oder auf landesspezifische Aspekte Bezug nimmst. Aber Achtung: Problematische Themen aus Politik und Religion sprichst du besser nicht an!

 

Gesten werden kulturspezifisch interpretiert

Menschen aus kontextreichen Kulturen wie etwa in Japan, China, Korea und Indonesien achten besonders auf nonverbale Signale: Ist der Redner seinem Publikum zugewandt? Strahlt er wir fachliche Autorität aus? Passen Inhalt und Körpersprache zueinander? Steht der Redner hinter dem, was er sagt? Natürlich sind diese Aspekte weltweit von Bedeutung. Sie haben in anderen Kulturkreisen aber meist mehr Gewicht als in Deutschland. Halten wir uns in den USA, Australien oder Kanada auf, dann erwartet unser Publikum, dass wir Klartext sprechen.

Kulturell bedingte Unterschiede werden noch deutlicher, wenn wir auf unsere Gestik achten. Gerade hier besteht ein besonders hohes Potenzial für kulturelle Ausrutscher. Damit es erst gar nicht zu Missverständnissen kommt, sollten wir unsere Finger bei uns behalten. Dies betont Gayle Cotton in ihrem Buch „Say anything to anyone, anywhere. 5 keys to successful cross-cultural communication.”

Demnach wird die „Daumen hoch!”-Geste zwar in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Ungarn positiv interpretiert: „Super! Das hast Du gut gemacht!“. Entsprechend habe ich diese Geste während eines Projekts in Ecuador gezeigt, um meinen Kollegen positives Feedback zu geben. Diese haben mich seinerzeit jedoch irritiert angeschaut, weil sie „Daumen hoch!“ nur als vulgäre Geste kennen. Entsprechend vorsichtig bin ich damit während meiner späteren Arbeiten in Australien und einem Aufenthalt im Iran umgegangen, wo diese Geste ebenfalls sehr negativ interpretiert wird.

Ähnlich verhält es sich mit der „Victory!”-Geste, die im Irak, Iran und den USA die uns bekannte positive Bedeutung hat. Allerdings wird sie in Teilen von Australien, Neuseeland, Südafrika, Großbritannien und Irland ähnlich interpretiert wie der ausgestreckte Mittelfinger in Deutschland.

     

Ich saß im Publikum, als ein erfahrener Redner während seiner Präsentation mit seinem Zeigefinger direkt auf den Kopf einer Zuhörerin gezeigt hat. Für diese besonders rüde Geste hat er sich später persönlich entschuldigt. Meine afrikanischen Kollegen haben kürzlich darauf hingewiesen, dass sie mit ihrem Zeigefinger höchstens auf tote Objekte zeigen, nie auf Lebewesen und insbesondere nicht auf Menschen.

Möchten wir also jemanden explizit ansprechen, können wir alternativ die offene Handfläche mit geschlossenen Fingern nutzen.

    

Also Vorsicht vor vermeintlich eindeutigen Gesten. Hier sind kulturelle Unterschiede und die entsprechende Interpretation für die nonverbale Kommunikation sehr ausgeprägt.

 

Aspekte besonders gelungener Präsentationen

Was macht jetzt den Unterschied zwischen einer guten und einer überragenden Präsentation aus?

Die besten Redner fesseln ihr Publikum von der ersten Minute an und lassen es bis zum Schluss nicht mehr los. In ihren gut strukturierten Reden streuen sie kurze, zum Thema passende Geschichten und Anekdoten mit teils überraschenden Wendungen ein. Sie bringen letztlich neue Einsichten und damit einen Mehrwert für das Publikum. Je nach Situation lösen professionelle Redner Spannungen mit Humor, teils sogar durch kurz aufeinanderfolgende Humoreinlagen. Aber Vorsicht: Gerade auch im internationalen Business-Kontext geht es meist sehr seriöser zu; hier kannst du mit zu vielen Humoreinlagen schnell Autorität und Respekt verspielen.

Die besten Redner stellen komplexe Sachverhalte einfach verständlich dar und kommunizieren auf den Punkt. Sie fokussieren sich auf wesentliche Inhalte und lassen alles Überflüssige weg. Da die kontextreichen Kulturen – und das sind im Vergleich zu Deutschland fast alle Kulturen außerhalb der englischsprachigen Länder – viel „zwischen den Zeilen“ lesen, brauchst du deine Information nicht zu wiederholen. Deine Botschaft ist in den meisten Fällen bereits angekommen.

Eine weitere Stärke der besten Redner ist, dass sie mit ihren Inhalten realitätsnahe Bilder in den Köpfen der Zuhörer erzeugen. In Vorträgen, die länger als 10 Minuten dauern, variieren sie ihren Präsentationsstil: Du kannst gut sichtbare Gegenstände einsetzen und mit diesen Requisiten (Props) die Inhalte ihres Vortrags lebensnah veranschaulichen. So setzt der Kommunikations- und Sound-Experte Julian Treasure in seinem TED Talk diverse Töne bzw. „Soundbites“ ein und animiert sein Publikum zum Mitmachen. Ein so engagiertes Publikum wird sicher nicht durch Status-Nachrichten auf dem Smartphone abgelenkt. Alternativ kannst du auch kurze Videos einsetzen, kurze Diskussionen mit dem Publikum führen oder auch Menschen aus dem Publikum auf die Bühne bitten. So sorgst du für Abwechslung und neue Aufmerksamkeit.

Nicht zuletzt respektierst du als professioneller Redner die Zeit deines Publikums. Statt in Endlos-Schleifen zu reden, beendest du deine Präsentation spätestens in der im Programm angekündigten Zeit. So ist dein Weg zu einer erfolgreichen Präsentation vor interkulturell besetztem Publikum frei.

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