Was brauchen Redner für einen hochklassigen Vortrag? Der „Presentation Rocket Day“ verspricht einige wertvolle Antworten – und liefert!

Die Veranstaltung richtet sich an Menschen, die wirkungsvoller präsentieren wollen. Neben den klassischen rhetorischen Fähigkeiten und der souveränen, überzeugenden Bühnenwirkung geht es darum, Infos interessant zu vermitteln und Medien optimal einzusetzen.

 

Inszenierung und Fokus zünden im Publikum

Natürlich bieten erfolgreiche Präsentationen viel mehr als nur die erwähnten Aspekte. Hermann Scherer spricht im ersten Vortrag Klartext: „Normale“ Vorträge sind schnell vergessen, die Leidenschaft des Redners sei wichtig. Wertvolle Inhalte sieht er als Selbstverständlichkeit, aber noch viel wichtiger sei der Rahmen, den wir als Redner setzen: Wird unsere Qualität sichtbar? Inszenieren wir uns? Positionieren wir uns göttlich? „Götter positionieren sich sofort oben.“ Eine diskussionswürdige Bemerkung, aber nicht umsonst gehört Scherer mit über 3 000 Vorträgen vor rund einer Million Menschen zu den arriviertesten Rednern der Branche: „Wir brauchen eine klare Botschaft und keinen USP“ (USP für Unique Selling Proposition, Alleinstellungsmerkmal). Das Potenzial dazu haben wir alle. Scherer schließt: „Fokussiert euch auf eine Geschichte!“ im Vortrag. Ich bin positiv überrascht: Obwohl ich ihn bereits zum dritten Mal live erlebe und mir alle Inhalte bekannt sind, gehöre ich zur großen Mehrheit der Zuhörer, die während seiner Präsentation schmunzeln und lachen, berührt und inspiriert sind.

Der Protagonist des Tages wird drei Vorträge halten. Dazwischen bekommt er je zwei ausführliche Experten-Coachings, wodurch er seine jeweils folgenden Präsentationen optimieren kann. Dr. Christof Horn, Unternehmensführer von digdeep.de, liefert einen soliden ersten Vortrag ab. Sein Einstieg: „Ich muss mit Ihnen über Eisbären reden“. Immer wieder bezieht er uns – sein Publikum – aktiv in seine Präsentation ein, stellt rhetorische und verbindende Fragen. Seine Folien sind schlank und fast ohne Text, die Bilder sind großflächig und transportieren Emotionen. Dennoch bleibt das kritische Feedback nicht aus: Er könnte zentrale Botschaften ohne Folien vermitteln und die angesprochenen Probleme und Lösungen konkreter benennen. Er endet mit dem Standardsatz „Und ich danke Ihnen für Eure Aufmerksamkeit!“. Hier kommt der bekannte Sprechtrainer und Coach Michael Rossié ins Spiel: Er nimmt den Vortrag nach Strich und Faden auseinander, seine Hinweise folgen fast im Zehn-Sekunden-Takt. Er findet in jeder Schwäche Potenziale, die er mit konkreten Verbesserungsvorschlägen würzt.

 

Vom Bühnenbild über Präsentationstrends zum Humor

Nach einer halbstündigen Pause folgen drei parallel stattfindende „Break Out Sessions“. Ich entscheide mich für „die legendären Keynotes von Steve Jobs“.

Frank Asmus, Regisseur und „Specialist for excellent presentations“, geht zunächst auf Grundlegendes ein: Hochwertige Vorträge sind meist in drei Teile gegliedert. Klare Botschaften wie „Think different“ (Apple) oder „Yes we can!“ (Barack Obama) bestehen aus maximal fünf Worten. Die Heldenreise gestalte die entscheidenden Szenen, wobei Fallbeispiele, persönliche Erlebnisse und Referenzen die Glaubwürdigkeit unserer Geschichten untermauern. Der wichtigste Beweis sei aber immer unsere persönlich erlebte Geschichte. Er bespricht Simon Sinek’s „Why – How – What“, weil diese Abfolge wie ein Sog auf das Publikum wirke. Wer über das „Warum“ spreche, dem werde Lösungskompetenz zugeschrieben. Asmus sieht Slides nicht als Unterstützer, sondern als visuelle Verstärker unserer Botschaft: „Die Slide ist das Bühnenbild.“ Aus strategischen Gründen sollten wir von links auf die Bühne kommen. Denn so geben wir unserem Publikum die Richtung vor. Außerdem zeigen wir Persönlichkeit, wenn wir vorn auf der Bühne stehen, während die hintere Position für Beweise passender sei. Überraschungen in der Präsentation sorgen für besondere Erlebnisse der Zuschauer. Wer zudem noch Live-Schaltungen in seinen Vortrag einbauen kann, gelte als „brutal stark“, so Asmus.

Danach spricht Matthias Garten, der Initiator des Events, über aktuelle Präsentations-Trends. Seine Botschaft richtet sich an alle, die mit PowerPoint präsentieren: „Du bist nur so gut, wie Deine schlechteste Folie.“ Er nennt die fünf häufigsten Vortragsfehler, und wie wir es besser machen können:

  1. Empathie statt Egozentrik
  2. Fokus statt Ziellosigkeit
  3. Spannend, nicht langweilig
  4. Innovativ statt altmodisch
  5. Sei einzigartig statt austauschbar

Die Trends 2019: Texte mit großer Schrift beinhalten in den Buchstaben hinterlegte Bilder, violett wird die Trendfarbe, Farbverläufe auf Folien werden gern gesehen. Anstelle eckiger Formen werden Ränder künftig eher abgerundet. Das moderne Metrodesign von Microsoft bleibt weiter „in“, Fotos werden künftig mit Handzeichnungen kombiniert. Matthias Garten schließt seinen Vortrag mit dem Appell „Nieder mit der Schwerkraft. Es lebe der Leichtsinn.“

Nach der Mittagspause spricht Michael Rossié, wie man Witze selbst entwickeln und Pointen an der richtigen Stelle setzen kann. Er rauscht in einem hohen Tempo durch, dass das Publikum kaum Zeit hat, die Pointen zu verdauen. Wer die Redner der German Speakers Association (GSA) nicht kennt, wird die Pointen kaum verstehen. In der folgenden „Presentation Fuck Ups“ berichten drei Teilnehmer, wie sie in vergangenen Vorträgen gescheitert sind und was sie daraus gelernt haben.

Es folgt wieder unser Protagonist, Dr. Christof Horn mit seinem überarbeiteten Vortrag. Die Präsentation ist tatsächlich verbessert: Persönlicher Einstieg anstelle von Eisbären, mehr direkte Fragen ins Publikum und erkennbar weniger sowie einige neue, noch aktuellere Folien. Letztere zeigt Horn aber oft zu früh, was auch im Publikums-Feedback klar wird. Er könne noch mehr Emotion, Begeisterung und Variation in seine Stimme bringen, bestätigt auch Michael Rossié. Also: Da ist noch Luft nach oben.

 

Outfit verkauft, Emotion macht den Unterschied

Von den folgenden Break Out Sessions wähle ich „Das Outfit verkauft – das Auge kauft“ mit Elisabeth Motsch: Wie will ich auf der Bühne wirken? Welche Werte will ich mit meiner Kleidung ausdrücken? Motsch unterstreicht, was ich oft als Zuschauer erlebt habe: Outfit schlägt Kompetenz, denn „Kleidung ist visueller Small Talk ohne ein Wort zu sprechen“. Wir können sie gezielt für Statusspiele einsetzen. Wir seien umso „gewichtiger“, je dunkler wir gekleidet sind. Damit transportieren wir unsere Botschaft auf der Bühne. Ich werde mit meiner Farbwahl (blaues Hemd) bestätigt, wobei mir die Kombination hellblau mit dunkelblauem Sakko gut stehen würde, so Motsch. Das behalte ich für meinen nächsten Kauf im Modegeschäft im Hinterkopf.

Das Event schließt mit dem Vortrag von Uwe Günter-von Pritzbuer: „Visualisierung – Emotion ist der Unterschied, der den Unterschied macht.“ Er verknüpft aussagekräftige und emotionsgeladene Bilder mit vielen kurzen Metaphern. Folien, die diese Kriterien nicht erfüllen, seien überflüssig. Aus der Fotografie wissen wir, dass neben dem Motiv auch Licht, Perspektive und Bildschärfe entscheidend zur Wirkung der Bilder beitragen. Wichtige Motive oder Ausschnitte sollten wir an Schnittstellen platzieren: Nämlich dort, wo sich die Linien der 3 x 3 Bilder treffen.

Und was macht unser Protagonist Dr. Christof Horn aus dem zweiten Coaching? Sein dritter Vortrag schlägt die beiden ersten tatsächlich um Längen! Was den Unterschied ausmacht: Er nutzt weniger, dafür noch aussagekräftigere Fotos, die er zeitlich passend zur Pointe einspielt. Bei persönlichen Geschichten und Kernbotschaften sind wir nicht mehr durch Folien abgelenkt. Horn wirkt jetzt noch persönlicher, verknüpft sein Business enger mit sich als Mensch und wirkt trotz des langen Tages authentisch und gelöst. Dieser Vortrag geht wirklich wie eine Rakete ab: Der „Presentation Rocket Day“ erfüllt, was er seinen Teilnehmern verspricht.

Fazit: Im intensiven, ganztägigen Einzelcoaching entfaltet sich die volle Kraft des Coachings! Selbst hochklassige Redner können so die Qualität ihrer Vorträge noch entscheidend verbessern.

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