Du bist Expertin in deinem beruflichen Metier. Oder du erarbeitest dir deine Expertise gerade in Ausbildung oder Studium. Dann wirst du gefragt, dass du bald dein Projekt vor anderen Experten und einem interessierten Publikum präsentierst.

Vielen Menschen geht es vor dem ersten oder manchmal selbst vor dem zwanzigsten Vortrag so, dass sie Angst vor dem Auftritt haben, dass sie aufgeregt sind und über alle möglichen Fehler nachdenken – die dann auch prompt passieren.

Wie kannst du also deine Angst vor öffentlichen Reden also überwinden?

Dieser Blog-Beitrag hat sich aus einem Podcast-Interview aus der Serie „Coaching Inspiration“ mit Marian Bansmann entwickelt.

Selbstbewusstsein kannst du lernen

Hier ist mein öffentliches Outing: Als Jugendlicher und bis ins Studium hinein hatte ich selbst Angst vor den Reaktionen meiner Mitschüler. Damals war ich meines Selbst nicht sicher. Mein erster größerer Schritt raus aus der Angst war damals das Thema „Self Confidence“ im Englisch-Unterricht der Oberstufe. Ich habe mich zum ersten Mal meinen Ängsten gestellt und auch die Motivation gefunden, besser vor Publikum sprechen zu können.

Der große Durchbruch war ein Rhetorik-Training an einem Wochenende. Hier wurde ich wie alle anderen Trainings-Teilnehmer immer wieder dazu aufgefordert, aus dem Stegreif kleinere Vorträge vor allen anderen zu halten. Das hilfreiche Feedback der Trainerin hat mich damals sehr motiviert, weiterzumachen. Entscheidend waren damals meine intrinsische Motivation, die Bereitschaft, aus der Komfortzone herauszugehen und mich immer wieder auszuprobieren.

Als Student und vor allem als Doktorand habe ich während der internen Kolloquien viele hilfreiche Rückmeldungen von Kollegen bekommen. So war ich ideal auf meine Präsentationen für anstehende Tagungen vorbereitet.

Heute stehe ich auf der anderen Seite und gebe vielen Expertinnen, Wissenschaftlern und Studenten Feedback für ihre Präsentationen. Im Coaching geht es um die individuell passende Vorgehensweise, sich auf Vorträge vorzubereiten. Entscheidend aus meiner Sicht: Ich kann nicht alle über einen Kamm scheren, jeder hat eine individuelle Herangehensweise. Eine der häufigsten Fragen im Coaching ist die der letzten Vorbereitung kurz vor dem Vortrag. Die Möglichkeiten sind genauso vielfältig wie die Anzahl der Menschen, die ins Coaching kommen: Für den einen ist die sportliche Aktivität zwei, drei Stunden vor dem Vortrag ideal, um Stress ab- und Energie aufzubauen. Manche mögen das sogenannte „Power Posing“ nach Amy Cuddy. Die nächsten hören vorher laute Rockmusik oder Heavy Metal, wieder andere bevorzugen Entspannung und Meditation oder gezieltes Mentaltraining.

Als Dozent hat mich besonders die regelmäßige Interaktion mit oft sehr motivierten Studenten begeistert. Angefangen hat alles mit klassischen Frontal-Vorlesungen. Ganz ehrlich: Die 90 Minuten dauernden Monologe habe ich schnell wieder abgelegt. Viel wichtiger und interessanter waren mir schon damals die Ideen und Meinungen der Studenten, die sehr zu einer abwechslungsreichen Veranstaltung beigetragen haben – für beide Seiten. Als die Studenten dann selbst gefragt waren, vor ihren Kommilitonen vorzutragen, haben sich Vorträge mit wechselnden Medien schnell durchgesetzt: Keine reine Slideshow mit PowerPoint-Folienschlachten als vielmehr die Abwechslung aus Vortrag, kurzen Video-Einlagen, physikalischen Experimenten vor Ort, Gruppenarbeiten und Diskussionen. Konstruktives Feedback aus der Gruppe heraus war der Schlüssel zu einer abwechslungs- und erfolgreichen Lehrveranstaltung.

 

Wie kannst du deine Angst vor Präsentationen überwinden?

Wenn mir eine Sache geholfen hat, dann die regelmäßige Wiederholung. So kann ein Rhetorik-Training zwar viele hilfreiche Anstöße geben. Bei vielen scheitert es dann an der Umsetzung des Gelernten in die Praxis – und ich meine: Die regelmäßige Umsetzung! Hier setzen wiederholte Einzelcoachings zur gezielten persönlichen Weiterentwicklung an. Eine ebenfalls sehr wirksame Möglichkeit sind die schon erwähnten internen Kolloquien.

Eine weitere gute Möglichkeit sind die Treffen der Toastmasters International. Hier halte ich selbst immer wieder kurze Vorträge und hole mir externes Feedback zu meinen Vorträgen. Die Regelmäßigkeit hat meine Fähigkeit, hochklassige Vorträge zu halten deutlich beschleunigt. Bis heute treffe ich viele Menschen, die ihre Angst abgelegt haben und selbst sehr interessante berufliche und persönliche Themen anschneiden.

Was kannst du noch tun, um deine Angst vor Vorträgen zu überwinden? Gute Vorbereitung ist auf jeden Fall wichtig! Beantworte dir die Frage, wozu du deinen Vortrag hältst, welchen Mehrwert du deinem Publikum damit schenkst und wer überhaupt im Publikum sitzt. Dazu kommt eine klare Struktur mit der klassischen Abfolge Einleitung – Hauptteil – Schluss, wobei der Hauptteil nicht mit Informationen überfrachtet werden sollte. Teile nur die wichtigsten Informationen, die einen echten Mehrwert geben. So kannst du mit Reden Wissen schaffen.

Einen Hinweis, den ich schon in so manchen meiner Blog-Beiträge eingebracht habe: Nehme deinen Probevortrag mit Smartphone auf und spiele diesen nochmal ab: Zunächst nur im Ton, damit du dich an deine Stimme gewöhnst und hörst, was du alles Gutes gesagt hast und was du noch verbessern möchtest. Danach das Video ohne Ton, damit du deine Ausstrahlung und Begeisterung erkennst oder auch nachjustieren kannst, falls du noch dynamischer präsentieren möchtest. Erst zum Schluss schaust du dir das gesamte Video mit Ton an. Aus deinen Erkenntnissen heraus kannst du deine Präsentation überarbeiten. Meist reichen schon ein, zwei Punkte, an denen du gezielt arbeitest, bevor du ein weiteres Mal probst. Denke immer auch daran, dir deine eigenen Stärken bewusst zu machen: Eigenlob stimmt!

Wie viel Zeit solltest du in die Vorbereitung stecken? Es kommt ganz darauf an! Professionelle Redner und Keynote Speaker nehmen sich für jede Minute ihres Vortrags einen ganzen Tag Zeit. Realistischer wäre etwa eine Stunde Vorbereitung pro gesprochener Minute. Diese zeitliche Orientierung hat mir Keynote Speaker Frank Asmus in einem Kommentar zu seinem LinkedIn-Beitrag gegeben.

 

Kann ich als introvertierte Persönlichkeit gute Vorträge halten?

Was viele Menschen missverstehen: Sie glauben, nur extrovertierte Persönlichkeiten könnten hochklassige Reden halten. Dabei gab und gibt es zahlreiche hervorragende introvertierte Redner, die ihr Publikum inspirieren und begeistern. Der bekannteste unter ihnen ist sicher Barack Obama. Einst ein sehr schlechter Redner, hat Obama lange vor seiner Präsidentschaft mit hoher persönlicher Motivation gezieltes Training in Anspruch genommen. Heute gehört Obama zu den hochklassigsten und inspirierendsten Rednern; sie haben es überhaupt erst möglich gemacht, dass er Präsident der USA wurde.

Falls du zu den introvertierten Menschen gehörst: Intros halten häufig tiefgründige und besonders gut durchdachte Vorträge. Das ist den meisten nicht bewusst. Entscheidend ist, dass dein Vortrag deinem Charakter entspricht und zu deiner Persönlichkeit passt. In meinen Trainings und Coachings gebe ich deshalb keine pauschalen Tipps, wie du deine Redefähigkeiten verbessern kannst. Es gibt viele Möglichkeiten sich zu verbessern, so dass ich gemeinsam mit dir erörtere, was für dich am besten passen könnte.

 

Präsentations-Training ist Teil deiner Persönlichkeitsentwicklung

Ein letzter Punkt: Es lohnt sich definitiv, an deinen Präsentations-Fähigkeiten zu arbeiten. Für mich gehört es zur ständig weitergehenden Persönlichkeitsentwicklung.

Es ist auch eine Frage deines Mindsets, ob du Veränderung für möglich hältst. Menschen mit einem Fixed Mindset (nach Carol Dweck) glauben, dass unser Charakter angeboren und daher nicht veränderbar sei. Ich selbst gehöre zu jenen mit einem Growth Mindset, wonach wir unsere Fähigkeiten proaktiv verändern können. Nicht zuletzt habe ich diese Veränderungen selbst durchlebt – und erlebe das auch heute noch bei mir selbst und bei anderen Menschen.

Anders als die oft ersetzbaren Hard Skills sind Soft Skills unverzichtbarer Teil deiner Persönlichkeit. Mit der Digitalisierung werden schon heute viele Hard Skills durch künstliche Intelligenz ersetzt. Dieser Prozess wird sich fortsetzen. Was aber nicht wegrationalisiert werden kann, ist deine Persönlichkeit. Was du in deiner Hand hast: Persönlichkeit ist veränderbar. Persönlichkeit entwickelt sich. Kommunikations-Kompetenz wird im Arbeits- und Privatleben immer wichtiger und künftig besonders hoch im Kurs stehen.

Mein letzter Anstoß für dich: Finde dein persönliches Thema, deine Leidenschaft. Welches Sendungsbewusstsein hast du? Welche persönlichen Erfahrungen kannst du anderen Menschen mitteilen? Was ist deine Botschaft, deine Mission? Wenn du dich mit diesen Fragen auseinandersetzt, deine Persönlichkeit auch in Vorträgen zeigst, wirst du noch selbstbewusster agieren.

This post is also available in: Englisch

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