Sarah und Simon haben sich auf einer wissenschaftlichen Tagung kennengelernt. Sarah arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Migration und interkulturelle Kommunikation, Simon ist Doktorand. Beide treffen sich zwei Wochen nach der Tagung wieder: Sarah unterstützt Simon in der Vorbereitung seiner Präsentation für die nächste Fachkonferenz. Sie besprechen den Entwurf und Simon probt seinen Vortrag. Er steigt mit dem Satz „Sehr geehrte Damen und Herren…” ein.

 

Das neugierige Publikum

Als Redner richtet sich die ganze Aufmerksamkeit auf uns, sobald wir vom Moderator mit Namen angekündigt werden. Unser Gang zur Bühne, der erste direkte Kontakt zum Publikum sowie Stimme und Körpersprache enthüllen bereits, wie wir uns fühlen: Der erste Eindruck zählt!

Dass unsere innere Anspannung jetzt auf Maximal-Anschlag steht, ist ganz natürlich. Zwar werden wir nicht mehr vom berüchtigten Säbelzahntiger verfolgt, aber dutzende oder hunderte Menschen schauen uns zur gleichen Zeit erwartungsvoll an – ein Alarmsignal für unser Gedächtnis, das wir mit der entsprechenden Einstellung positiv besetzen können.

Sarah hat schon viele Redner erlebt, die in den Vortrag einsteigen, kaum dass sie ihren Platz verlassen und noch nicht die Bühne erreicht haben. Verständlich angesichts der Anspannung, die sie alle möglichst schnell loswerden wollen, aber souverän wirkt es nicht. Dagegen nimmt sich Sarah bewusst fünf Sekunden Zeit: Auf der Bühne angekommen, nimmt sie erst mal direkten Blickkontakt mit ihrem Publikum auf, ehe sie mit ihrem Vortrag startet.

Ganz gleich zu welchem Anlass, als Redner gelingt unser Einstieg am besten, wenn wir nicht mit Sätzen wie den folgenden in unsere Präsentation einsteigen:

  • „Hallo, mein Name ist Simon Beck und ich freue mich, heute bei Ihnen vortragen zu dürfen…“
  • „Guten Tag, ich heiße Simon Beck und der Titel meines Vortrags lautet…“
  • „Zunächst einmal vielen Dank liebe Vorsitzende, vielen Dank liebe…, mein Dank geht auch an Herrn Prof. Schmidt für…und an meine geschätzten Kollegen Frau Brückner und Herrn Schwarz für…“

Der Name des Referenten und das Thema des Vortrags sollten ohnehin bekannt sein: Sie stehen schon im Programm, werden vom Moderator nochmal angekündigt und sind bei klassischen PowerPoint-Präsentationen auf der ersten Folie abgebildet. Natürlich verdienen die meisten Moderatoren, Betreuer, Kollegen und uns nahe stehende Menschen unsere aufrichtige Anerkennung. Diese können wir aber noch im Lauf des Vortrags erwähnen. Die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren…“ klingt ziemlich abgedroschen und steigert nicht gerade die Neugier des Publikums.

Punktlandung mit dem ersten Satz

Sarah empfiehlt Simon deshalb, lieber gleich auf den Punkt zu kommen: „Der erste Satz gehört Dir!“ Der erste Satz ist ganz für den Redner da. Abseits aller Effekthascherei kann Simon hier gezielt Aufmerksamkeit und Interesse der Zuhörer auf ein Maximum steigern. „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance“ – das gilt natürlich für den persönlichen Kontakt und die Präsentation gleichermaßen.

Wie steigt Simon also am besten in seinen Vortrag ein? Sarah gibt ihm drei Alternativen zur Hand:

  • Konkreten Bezug auf ein aktuelles oder historisches Ereignis nehmen
  • Eine kurze Anekdote aus einem persönlichen Erlebnis erzählen
  • Das Fazit an den Anfang stellen

Simon arbeitet wie Sarah an einem Projekt zu den Themen Migration und interkulturelle Kommunikation. Je nach besonderem Schwerpunkt eignet sich für den Einstieg ein direkter Bezug zur aktuellen Flüchtlingskrise, zur historischen Völkerwanderung im frühen Mittelalter oder gar zur Besiedlung der Kontinente während der Altsteinzeit als Einstieg.

Alternativ kann Simon auch ein persönliches Erlebnis kurz und knackig erzählen. Es muss natürlich einen direkten Bezug zum Vortragsthema haben – so wie bei Sarah, die in ihrem Vortrag erwähnt hat, wie sie während ihres Studienpraktikums in einer mexikanischen Großfamilie aufgenommen wurde. So gibt sie einen kleinen Einblick in ihr persönliches Leben und bildet ein Band zu ihrem Publikum.

Spannung verspricht der Auftakt auch, wenn Simon schon ein erstes Fazit aus seiner bisherigen Forschungsarbeit herausstellt. So wird sein Publikum der Beweisführung aufmerksam folgen. Seine Schlussfolgerungen muss Simon natürlich auch belegen können. Mögliche Lücken wird das Publikum sicher in der Diskussion ansprechen.

Varianten zum Einstieg

Simon hat jetzt erstmal Zeit, sich konkrete Formulierungen für den Einstieg in seinen Vortrag zu überlegen. Sarah stellt ihm dafür konkrete Aufgaben:

  • Formuliere einen Einstieg in einem Satz, mit dem dein Publikum gefesselt wird
  • Stelle eine konkrete, geschlossene Frage an dein Publikum
  • Welches Fazit kann ich schon in der Einleitung nennen?

Aus diesen drei Möglichkeiten kann Simon jetzt die für seinen Anlass passende Einleitung auswählen. Einstieg und Abschluss werden vom Publikum aufmerksam verfolgt. Er prägt sich beide Abschnitte besonders gut ein. Ganz anders der mittlere Teil der Präsentation: Hier wäre ein Auswendig-Lernen nicht hilfreich, denn Vorträge leben von der Dynamik des Redners und der Spontaneität des Moments.

In seinem nächsten Treffen mit Sarah wird Simon mehr darüber erfahren, wie er im Vortrag besondere Höhepunkte setzen und dem Publikum interessantes Wissen kommunizieren kann.

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