Zu viele Menschen geben sich mit Mittelmaß zufrieden. Manche Menschen arbeiten an sich und werden überdurchschnittlich gut. Nur wenige Menschen nutzen die Möglichkeit, herausragend und exzellent zu werden. So sehe ich wiederholt Vorträge, in denen das Potenzial für Exzellenz ignoriert oder missachtet wird. An dieser Stelle gehe ich auf zehn der wichtigsten Kriterien ein, mit denen du dein Vortrags-Potenzial ausschöpfen kannst. Und ja: Es gibt natürlich noch weitere Kriterien, die wir hier aufführen könnten.

Ein starker Einstieg öffnet dir die Tür zum Publikum

Statt dem altbackenen „Sehr geehrte Damen und Herren…“ mit langen Danksagungen oder Entschuldigungen gehst du direkt in dein Thema rein. Du kannst entweder dein Fazit, die neuesten Erkenntnisse aus deinem Projekt vorstellen und belegst diese im Anschluss. Du kannst eine Brücke schlagen, indem du auf den aktuellen Tag Bezug nimmst. Falls dein Vortrag am 10. November stattfindet, kannst du den „Welttag der Wissenschaft“ der UNESCO hervorheben und zu deinem eigentlichen Thema überleiten. Wikipedia gibt dir zahlreiche Vorschläge zu den entsprechenden Tagen. Professionelle Redner steigen gern mit Fragen an das Publikum ein. Das ist in Ordnung, solange kein rhetorischer Fragenmarathon daraus wird. Du kannst dich auf ein aktuelles oder lokales Ereignis beziehen, von dem dein Publikum vor Ort betroffen ist.

Menschen lieben Geschichten. Steigst du mit einer persönlichen Geschichte ein, wird dir dein Publikum noch viel aufmerksamer zuhören. Was früher verpönt war, gewinnt in den letzten Jahren an Bedeutung: Wer Emotionen mit dem Publikum teilt, wirkt authentisch und glaubwürdig.

Teile deine Begeisterung: Persönlichkeit gewinnt

Bist du begeistert vom Thema, welches du präsentierst? Oder berührt es dich nicht und lässt es dich kalt? Ein Vortrag kann sachlich korrekt und zugleich blutleer sein. Ich habe beides in meinen Vorträgen erlebt. Jene Präsentation, die mich nicht interessiert hat, kam auch beim Publikum schlecht an. Da waren außer mir auch noch andere Menschen erleichtert, als der Vortrag vorbei war. Ich kannte das Thema kaum, zudem fehlte mir in diesem einen Vortrag der Stallgeruch. Umgekehrt kannte ich die Inhalte meiner wissenschaftlichen Themen natürlich in- und auswendig. Die gut vorbereiteten waren zugleich meine besten Reden. Hier habe ich manche persönlichen Highlights im Vortrag nochmal durchlebt: Auf der Bühne war ich besonders dynamisch unterwegs, meine Stimme war heller und lebendiger als in „normalen“ Vorträgen. Die Begeisterung war ansteckend, wie mir mein Publikum später bestätigt hat.

Es zahlt sich positiv aus, wenn du im Vorfeld überlegst, was dich an deinem Thema am meisten begeistert. Gibt es besondere Momente, in denen du in deiner Arbeit vollkommen aufgegangen bist? Wo wirst du emotional? Solche Momente kannst du in deinen Vortrag einbauen, sei es mit kurzen Anekdoten oder einer längeren Geschichte, die sich wie ein roter Faden durch deinen Vortrag zieht. Entscheidend ist hier, dass du hier keine allgemeinen Aussagen machst, sondern so konkret wie möglich sprichst.

Bringe fünf plus weitere Sinne zur Geltung

Wie wirst du konkret? Indem du möglichst viele Sinne adressierst: Sprichst du über Autos, kannst du den röhrenden Sound des Motors abspielen oder mit deiner Stimme imitieren. Gibt es Gänsehautmomente, in denen du emotional bist und das nach außen zeigen kannst? Das kann der Moment einer besonderen Entdeckung sein oder der Augenblick, in dem sich dein Leben oder das Denken einer ganzen Branche verändert hat. Bist du Landwirt, kannst du viele Gerüche vom stinkenden Misthaufen bis zur frisch geernteten aromatischen Kartoffel beschreiben. Ist gesunde Ernährung dein Thema, kannst du in eine saure Zitrone beißen. Du wirst automatisch dein Gesicht verziehen, dein Publikum wird den Geschmack nachempfinden. Das sind Momente, die sich für alle einprägen.

Es gibt mehr als nur die klassischen fünf Sinne: Wie nimmst du Temperaturen wahr? Du kannst die klirrende Kälte oder die Affenhitze mit perlenden Schweißtropfen genauso mit Worten beschreiben wie dein Empfinden für Schwere und Spannung, für Kraft und Geschwindigkeit. Schmerzen kannst du mit Worten wie Ohnmacht, Übelkeit („mir war speiübel“) oder Schwindelgefühlen untermalen. Physikalische Prozesse wie die Beschleunigung oder Erdanziehung sind mögliche Komponenten, wenn du einen Fallschirmsprung oder Bunjee-Jumping selbst erlebt hast. Wie beschreibst du körperliche Anspannung wie Bluthochdruck oder Muskelkater? Was bedeuten Hunger und Durst für dich? Hast du Appetit auf ein saftiges, paniertes Schnitzel oder einen knackig-würzigen Salat? Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Male einen spektakulären Film für dein Publikum

Je detaillierter du einzelne Facetten aus wissenschaftlichen Vorgängen beschreiben kannst, umso mehr wird dir ein fachfremdes Publikum folgen. So wie du mehrere Sinne ansprechen kannst, hilft dir die bildhafte Umschreibung deines Themas. Nicht umsonst werden jene Produkte erfolgreich verkauft, die in der Werbung eine eigene Geschichte erzählen.

Wie möchtest du deine Geschichte erzählen? Mit bildhafter Sprache wird deine Stimme variabler. Du wirkst ausdrucksvoller und deine Körpersprache wird lebendig, ganz ohne dir künstlich etwas anzutrainieren. Du kannst aussagekräftige Bilder als Folien oder Videoausschnitte aus einem Experiment zeigen, um für zusätzliche Abwechslung zu sorgen.

Kontakt auf Augenhöhe ist live und virtuell wichtig

Damit meine ich zweierlei: Zum einen sollten wir als Redner die gleiche Sprache wie unser Publikum sprechen. Als Redner unter Experten ist die Sachlage klar: Wir nutzen vermehrt Fachbegriffe und eine technische Sprache. Sprechen wir ein breiteres Publikum an, können wir den Sendung-mit-der-Maus-Effekt nutzen: Einfach und in wenigen Worten erklärt. Hier nutzen wir bildhafte Sprache. Bei gemischtem Publikum bietet es sich an, dass wir nur die Hauptthemen vertiefend und in Fachsprache schildern. So holen wir beide Seiten ab, ohne dass wir unser Publikum schlecht aussehen lassen.

Augenhöhe meint auch, dass wir nicht von oben auf unser Publikum herabschauen. Das lässt sich bei Online-Vorträgen gut beobachten: Viele Redner sprechen im Sitzen und schauen von oben auf den Bildschirm herunter. So fühlt sich das Publikum unwohl. Ich richte meine Online-Bühne stets so ein, dass ich geradeaus in die Kameralinse schauen kann. Da ich im Stehen präsentiere und noch keinen höhenverstellbaren Schreibtisch habe, helfe ich mir mit einem Stuhl und Büchern aus, auf denen mein Laptop steht – mit der externen Kamera auf Augenhöhe. Nutze ich meine Smartphone-Kamera, kommt mein Stativ zum Einsatz.

Verstehe dein Publikum, dann wirst du verstanden

Mit deiner Stimme zeigst du viel von deiner Persönlichkeit: Sie enthält verschiedenste Facetten wie Stimmvolumen und Tempo, Stimm-Melodie, Betonung und Pausen.

Volumen ist wichtig, damit du gehört wirst. Leise Stimmen werden noch verstanden, solange es keine überlagernden Hintergrundgeräusche gibt. Sprichst du in hohem Tempo, wirkst du für dein Publikum gehetzt. Das passiert gern zu Beginn eines Vortrags, wenn der Redner nervös ist und sich noch finden muss. Hier hilft die mentale Vorbereitung und persönliche Einstimmung im Vorfeld: Siehst du dich in Gedanken schon souverän auf der Bühne mit deinem Publikum kommunizierend? Viele Redner wollen zu viel Inhalt in kurze Zeit hereinpressen. Da hilft nur, Inhalte zu streichen. Mein Motto ist hier: „Weniger ist mehr“. Konzentriere dich auf das Wesentliche.

Dynamische Vorträge wechseln im Tempo. Wichtige Inhalte betonst du mit langsamer und getragener Stimme. Eine melodische Stimme mit wechselnden Höhen und Tiefen wirkt dynamisch und alles andere als monoton. In der Vorbereitung hilft spezifisches Stimmtraining, in welchem du bewusst in extreme Höhen und Tiefen gehst. Mit der Begeisterung am Thema wirkt deine Stimme dynamisch. Willst du dich klar artikulieren, kannst du dir mit der klassischen Korken-Übung und mit komplexen Wortspielen helfen. Hier gibt es zahlreiche Anleitungen aus der Logopädie, die du ganz einfach in die Vorbereitung deiner Rede integrieren kannst. Eine klare Stimme ist online noch wichtiger als im Live-Vortrag, weil unsere Stimme online leicht verzerrt wiedergegeben wird. Hier kommt die Technik ins Spiel: Sorge mit einem externen Mikrofon oder einem Headset dafür, dass die Qualität der Stimmübertragung gegeben ist. Eine gute Vorbereitung ist gerade für deine Stimme wichtig.

Nicht zuletzt sind Pausen ein wunderbares Stilmittel. Mit Pausen kannst du wichtige Inhalte unterstreichen und gibst deinem Publikum Zeit zum Nachdenken. Pausen setzt du idealerweise als Übergang zwischen unterschiedlichen Abschnitten deines Vortrags ein.

Lass dein Publikum aktiv mitmachen

Ich erinnere mich gern an meine Zeit auf wissenschaftlichen Tagungen zurück: Ideal als Möglichkeit zum Netzwerken und viele Menschen persönlich kennenzulernen. Jeder Vortrags-Block besteht aus sechs bis acht Vorträgen. Jeder Vortrag dauert etwa 15 Minuten, an die sich fünf Minuten Diskussionszeit anhängen. So ergibt sich die Interaktion bereits aus organisatorischen Gründen.

Du kannst dein Publikum schon im Vortrag aktiv einbinden. Das geht über direkte oder rhetorische Fragen, es können auch echte Fragen mit einem Dialog schon während des Vortrags sein. Das sorgt gerade bei länger dauernden Vorträgen für Abwechslung. Es zeugt vom Selbstbewusstsein des Redners, sich auf überraschende Statements einlassen zu können. So gewinnt dein Vortrag eine besonders persönliche, externe Komponente.

Du kannst kurze Umfragen einbauen, um ein Meinungsbild deines Publikums zu erfahren: „Wer von Ihnen ist für…?“ – „Und wer von Ihnen glaubt, dass…?“ Das Meinungsbild greifst du im Vortrag auf. Du kannst elektronische Umfragen wie Slido, Mentimeter oder eine einfache Zoom-Umfrage einbauen. So bildest du Ergebnisse in Echtzeit ab und erhältst ein genaueres Meinungsbild, welches du für künftige Präsentationen nutzen kannst. Herausfordernd ist neben dem zusätzlichen Zeitaufwand, dass evtl. nicht jeder Online-Zugriff auf den Link hat oder der Server des Veranstalters überlastet wird.

Lass schlanke Folien mit einfacher Sprache sprechen

Diesen Hinweis kann ich nicht oft genug geben: Falls du mit PowerPoint präsentierst, achte auf schlanke Folien. In meinen Seminaren und auf Tagungen sehe ich viele, die ihre Folien auch heute noch als Textwüsten nutzen oder hoch komplexe Abbildungen zeigen, ohne sie im Detail zu erklären. Sie setzen wie selbstverständlich voraus, dass ihr Publikum sofort alles versteht. Komplexe Abbildungen sind okay, sofern du diese schrittweise aufbaust und deinem Publikum eine Chance gibst, dir inhaltlich folgen zu können. Lasse auf den Folien alles Unnötige weg und konzentriere dich auf die wesentlichen Inhalte.

Wichtig: Teile nur eine wichtige Information, nur eine Botschaft pro Folie mit. Ein Vortrag mit PowerPoint ist etwas anderes als eine umfangreiche Poster-Präsentation. Ich habe vor vielen Jahren eine Folie gezeigt, auf der acht Mikroskop-Fotos abgebildet sind. Mein Tipp: Zeige nur ein, maximal zwei Fotos pro Folie. Mehr gehen im Einzelfall als zusammenfassender Überblick.

Die berühmten Aufzählungs- oder Spiegelstriche lässt du am besten außen vor. Sie dienen dem Redner oft nur als Spickzettel, und dein Publikum wird eher schnell die schriftlichen Infos ablesen als dir zuzuhören. Meine Empfehlung: Text höchstens stichwortartig mit maximal einer Information auf einer Folie. Zitate sind in Ordnung.

Mein Favorit: Wo du keine Fotos oder Skizzen brauchst, arbeitest du am besten mit schwarzen Folien (live) oder unterbrichst deine Folien (online). Zeige keine Folien, auf die du dich nicht mehr beziehst, weil du im Inhalt schon weiter bist.

Je länger dein Vortrag, umso vielfältiger deine Medien

Wichtig: Ein Vortrag besteht aus viel mehr als nur PowerPoint-Folien. Diese solltest du ohnehin nur als eines von diversen Medien einsetzen. Über Umfragen und Video-Ausschnitte hatten wir ebenso gesprochen wie über kurze Diskussionen und persönliche Geschichten.

Als Naturwissenschaftler bin ich ein Freund von Experimenten: Wenn du damit einen echten Mehrwert für dein Publikum schaffst, wirst du durch diese ungewöhnliche Vorgehensweise in besonderer Erinnerung bleiben. Als Teenager war ich in den 1980er- und 90er-Jahren echter Fan der Knoff-Hoff-Show. Bedenke aber, dass es für dich nicht um die Show, sondern um den Mehrwert für dein Publikum geht. Kannst du einen Laborversuch oder besondere Experimente rekonstruieren?

Für meine Online-Vorträge nutze ich mein Whiteboard, um Skizzen zu zeigen. Alternativ geht ein Flipchart oder das Online-Whiteboard. Ich setze gerne Requisiten ein.

Wichtig ist hier: Setze Medien nicht um des Präsentierens willen ein, sondern gezielt und immer dort, wo sie Kommunikation vereinfachen und einen Mehrwert für dein Publikum bringen.

Der letzte Satz gehört dir: Was von dir bleibt

Keine Dankesorgien, keine Plattitüden wie Sentimentalitäten, keine Entschuldigungen angesichts zu knapper Zeit, bloß nicht zeitlich überziehen. Und bitte keine Dankeschön-Folie oder Literaturlisten am Ende. Eine schwarze Folie ist an dieser Stelle ideal, damit sich dein Publikum auf dich als Redner konzentriert.

Überlege dir auf jeden Fall, wie du deinem Publikum in Erinnerung bleiben möchtest. Wie gehst du aus deinem Vortrag raus? Neben dem Einstiegssatz ist der letzte Satz der wichtigste Teil deines gesamten Vortrags.

Du kannst dein Thema zum Schluss in eine größere Perspektive einordnen, deine Vision – oder die Vision deines Projekts – mitteilen oder die wichtigsten Punkte deines Vortrags nochmal kurz zusammenfassen. Du kannst dich auf dein Eingangs-Statement beziehen und so den Kreis thematisch schließen, idealerweise mit Bezug auf deinen Vortragstitel. Willst du dein Publikum ins Handeln bringen, hilft ein motivierender Appell mit dem Hinweis, was sich für dein Publikum zum Besseren ändern wird. Ein Ausblick auf die Zukunft ist ein schöner Abschluss deines Vortrags.

In den erfolgreichsten TED Talks sind meist kurze Witze oder überraschende Wendungen eingebaut, durch die das Publikum zum Ende hin aufgelockert wird und mit einem Lächeln aus dem Vortrag geht.

Ich wünsche dir viel Erfolg mit deinen künftigen Vorträgen!

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